Baby Lu spontane BEL teil 1

Begonnen von caar, 10. April 2014, 13:54:20

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

caar

Manchmal kommt es anders.. oder der knochige Hintern.

Beim dritten Kind wird alles anders, so mein Beschluss als ich die beiden blauen Linien auf dem Test sah. Ich will eine Hausgeburt betreut von einer Hebamme egal was meine Krankenkasse davon hält, also habe ich meinen Kampf begonnen und einem riesen Konzern mit Klage gedroht wenn ich nicht selbstbestimmt
Zuhause entbinden darf. Drei Wochen später war klar es geht, und ich begann meine Suche. Tja dachte ich ich hätte das größte Problem gemeistert, der irrt. Ich kontaktierte alle Hebammen im Umkreis und bekam eine Absage nach der anderen. Eine Hausgeburt nach Kaiserschnitt? Nein das ist zu gefährlich, das mache ich nicht.. ewig die gleiche Laier.. ich war total entmutigt. Inzwischen war ich in der neunten Woche und noch immer ohne Hebamme Es blieben noch drei Hebammen über und eine erwischte ich auf dem Handy. Ich fasste mich recht kurz, da ich mal wieder mit einer Absage rechnete und wurde überrascht. Natürlich können wir ein Kind Zuhause bekommen, mit Kleinkind und zwei großen Hunden Die Hebamme fand es wunderbar.. dummerweise war ich grad im Urlaub mitten im nirgendwo und musste warten diese so positive Frau kennenzulernen.

Dann war es endlich soweit, Claudia kam sah und siegte. Sie hielt mich nicht für bekloppt ohne Frauenarzt eine Schwangerschaft zu durchleben und gab mir recht damit das mein vorheriger KS völlig unnötig war.

Diese Schwangerschaft war so ereignislos wie man es sich nur wünschen kann, es folgten viele Vorsorgen und ich war eine brave schwangere die ihre Hebamme immer mit Lungo und Kuchen begrüßte.

Der ET rückte näher und ich freute mich auf meine Traumgeburt. Was soll schon schiefgehen, wo alles so Bilderbuchmäßig ist. Der Geburtstermin kam und ging und nichts tat sich, ich wurde nervös und mit jedem Tag drehte ich innerlich mehr am Rad. Bei ET+6 war es dann vorbei mit meiner Gelassenheit, hatten doch die Schulmediziner in den Vorschwangerschaften ganze Arbeit geleistet. Ich war unsicher ob mit meinem Bauch alles stimmt und sprengte Claudias Terminplan, aus einer kurzen Herzton Kontrolle wurden 2 Stunden. Sie blieb bei mir und half mir herauszufinden was nun das beste für mich sei. So verblieben wir, das ich mich in der Klinik zum Doppler vorstelle damit ich so gelassen wie sie auf den Geburtsbeginn warten konnte.  Ich fand mich bewaffnet mit einer Freundin also noch am gleichen Tag in einem Krankenhaus wieder und war mal wieder bestätigt in meiner schlechten Meinung über die Schulmedizin. Durch die Blume teilte man mir mit das ich viel zu spät da sei, übertragen nach KS nur mit der Kontrolle durch die Hebamme. So was prallte inzwischen an mir ab, dann kam der Ultraschall und meine Traum von einer Hausgeburt platze wie eine Seifenblase Der Schallkopf hatte gerade meinen Bauch berührt, Diagnose Beckenendlage. Ich war völlig entsetzt, hatte ich am morgen noch gehört .. Köpfchen schön im Becken alles paletti.

Nun folgten sehr unschöne Sachen, der Herr Chefarzt wurde gerufen wiederholte alle Untersuchungen um mir dann zum erneuten KS zu raten. Never .. eher bekomme ich das Kind allein im Keller.. ich glaub der Herr hielt mich für ziemlich verrückt das ich vehement auf einer spontanen Geburt bestand. Er hielt Rücksprache mit einem Kollegen und ich wurde mit einem ,,vielleicht dürfen sie spontan entbinden" entlassen. Völlig aufgelöst rief ich Claudia an und verkündete die miesen Nachrichten, die war völlig von den Socken wie das sein könne. Sowohl die Tatsche das Baby Lu in meinem Bauch hockte als auch das ich in ,,ihrem" Krankenhaus so behandelt wurde.

Spätestens jetzt zeigte sich das Claudia eine Hebamme ist, die jede Frau haben sollte. Sie lies mich nicht allein, schmiss ihre Termine um und hielt mit uns Kriegsrat , gab uns einen Crashkurs in entbinden mal anders.  Es folgten viele Telefonate um eine Möglichkeit zu finden das ich spontan entbinden kann. Mitten in der Nacht fuhr sie zur Klinik sah sich meine Akte an, um dann wieder mit mir zu telefonieren.

Es war also inzwischen ET plus sieben und ich ging entspannt ins Bett. Wusste ich doch jetzt das ich wenn schon keine Hausgeburt, zumindest spontan entbinden könne Claudia ist ja für mich da. Ob nun dieser Gedanke oder aber das an stupsen von Claudia den Startschuss gab weiss ich nicht, aber am nächsten morgen wurde ich von Wehen geweckt und die Fruchtblase verabschiedete sich. Erstmal abwarten so früh ruf ich Claudia nicht an.. naja gut vier Wehen später hatte ich das Handy in der Hand. Treffen in einer Stunde in der Klinik. ähm ja .. nee so schnell schaffe ich das nicht, immerhin ist der Mann auf der Arbeit Sie bot mir das Hebammentaxi an, aber auch das lehnte ich ab. Wozu die Eile? Also noch eine halbe Stunde raus geschlagen und den Mann geordert. Wie es so ist, brauchte dieser heute nicht 30 Min für den Heimweg sondern fast eine Stunde. Ich rannte durch die Wohnung und kramte eine Kliniktasche zusammen. Bis gestern brauchte die ja keiner und da vorher von Wehen keine Spur war hatte ich das vertagt, böser Fehler.. Frau kopflos meinte nun noch eben zu Duschen und sich da unten chic zu machen.. böser Fehler niemand kann sich mit einem riesen Bauch im Blindflug rasieren ohne ein Blutbad anzurichten.







caar


An der Kreissaaltür wurde ich freundlich empfangen, ,,Claudia deine Schwangere ist da". Da war sie, meine Retterin.. alles wird gut. Ich zog also in den reservierten Kreißsaal ein und lies die Krankenhausrotine über mich entgehen. Der Muttermund zeigte sich mit 3-4 cm und ich bekam das versprechen das ich Heute zum dritten mal Mama werde. Mit Baby Lu sei alles prima, und wir sollten nun noch ein wenig ruhen und schlafen. Schlafen? So sehr ich meine Hebamme mag, aber dafür könnte ich sie noch heute würgen. Sie versorgte uns noch mit einem Frühstück und fragte ob sie noch Termine wahrnehmen könne. Kein Problem es dauert ja noch.. nächster böser Fehler.. ich wollte eine brave Schwangere sein und legte mich in meinem Zimmer ins Bett, 4 min später stand ich am Fußende und vertönte lautstark. Es folgte eine Stunde in der ich zwischen meinem Bett und dem Bad hin und her rannte, dann gab ich auf und verkroch mich allein im Bad. Mein armer Mann musste draußen bleiben und zuhören. Es kam der Punkt an dem es allein nicht mehr ging, ich brauchte meine Claudia und zwar jetzt. Also durfte der Mann was sinnvolles machen und Claudia aus dem Mittagsschlaf reißen. Sie macht sich auf den Weg, und wir sollen in den Kreißsaal schon mal eine Kollegin nachsehen lassen. Also kroch ich zur Tür, endlich eine Wehenpause. Wir sollten ,,kurz" warten, dieses kurz zog sich leider sehr und ich vertönte lautstark im Frühstücksraum. Bei mir die Putzfrau und mein Mann. Eine etwas skurrile Situation, als sich das tönen in die Lautstärke eines Punkkonzertes wandelte bat ich meinen Liebsten nochmal zu schellen. Die Hebamme handelte schnell und räumte umgehend einen Kreißsaal für mich. Befund nicht sonderlich fortgeschritten, ich bekam aber was gegen die Schmerzen und bat um eine PDA. Noch Stunden konnte ich das so nicht, kaum war der Tropf ab war Claudia auch schon da. Untersuchung und die erstaunliche Feststellung das wir fast soweit waren, ich war zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht bereit und wollte weiterhin eine PDA. Der Chef sah nochmal vorbei, und meinte auch das es noch heute was wird. Damit verschwand er und lies mich mit der restlichen Truppe allein. Mir ging es super mit meiner PDA, gut ich musste mal dringend und wollte nicht stören und beschloss ich könnte ja mal eben die drei Schritte zum Klo... immerhin hatte ich meinen Mann der ja in der Pflege ist. Böser Fehler... die Tür ging auf und eine verdutzte Claudia fand mich am Boden mit einem hilflosen Mann daneben. Sie hat nicht mal geschimpft.. und das hätte ich verdient, aber man kann ja nicht immer schlau sein. Das Pipi Problem lösten wir kurz und schmerzlos und vor allem würdevoll. Keine Peinlichkeit, kein Verlust meiner Würde (das war mir unheimlich wichtig). Wo wir gerade so gut dabei waren können wir noch mal schnell nachsehen, ok es ist soweit.. ich war fest davon überzeugt das das nicht geht weil ich nochmal muss. Claudia versuchte mich zu überzeugen das die Blase leer ist. Nein ist sie nicht.. doch ist sie.. und wenn du musst dann lass es laufen.. niemals ich bin nicht 37 ig geworden um in ein Kreisbett zu pullern. Der Raum füllte sich mit Menschen, mir inzwischen echt egal. Zu allen die dort dabei sein mussten, kam noch eine Schwester die vorsichtig fragen lies ob sie mit dabei sein dürfte weil sie noch keine BEL erleben durfte. Sie durfte, es war ja eh klar das meine private Geburt  längst Geschichte war. So fand ich mich in Seitenlage wieder, aus der ich mich auf keinen Fall raus bewegen wollte (BEL sollten am besten im Vierfüßler geboren werden). An meiner Seite mein Mann, auf der anderen Seite die Krankenschwester und am fußende Claudia. Dort waren dann noch eine Ärztin und eine weitere Hebamme die ich aber nicht wahrnahm. Startschuss! Ich wurde von meinen Cheerleadern angefeuert, gelobt und bestärkt wie toll ich und mein Baby das machen. Niemand fasste uns an, ich und mein Baby meisterten das Abenteuer allein. Jetzt käme die Stelle wo andere gesagt bekommen ,, der Kopf ist zu sehen" .. nee ich durfte den knochigen Popo meiner Tochter anfassen. Aus dem ,,ich schaffe das nie" wurde ein ,, wie geil ich kann das". In Etappen schob sich meine Tochter in die Welt, Popo, Beine, nichts mehr.. wie jetzt? Gut dann eben nicht.. in mir bewegte es sich und außen strampelten die Beine Alien.. die Cheerleader setzten wieder ein und meine Tochter schob sich mit meiner Hilfe auf die Welt. Kein klägliches schreien, keine Hektik sie war da und ich nahm sie auf die Brust. Es herrschte andächtige Ruhe und dann große Freude, nicht nur von meinem Mann und mir. Nein alle waren total geflasht, und lobten uns wie toll wir das gemacht hätten. Die Krankenschwester bedankte sich überschwänglich das sie etwas so Wundervolles begleiten durfte und ich Entschuldigte mich dafür das ich ihr fast die Hand gebrochen habe Die Stimmung war sehr gelöst, bis der Chef reinkam. Tja der hatte die ganze Show verpasst, ich war froh drüber.

Jetzt folgte noch die Geburt der Plazenta und dann wurde ich beglückwünscht. Ich hatte einen kleinen Riss, der genäht werden solle da ich ja nun nicht immer ganz schlaue Sachen mache (siehe Kreissaalboden) und ich stellte klar das ich heim will. Begeisterung sah anders aus, aber der nette Anästhesist gab sein ok. So fuhren wir 4 Stunden nach der Entbindung mit einem Rollstuhl zur Tür raus. 30 Min später saß ich stillend bewaffnet mit einem Mc Rib Menü aus dem Mc Drive auf meinem Sofa und war die glücklichste Frau der Welt.

Es folgten viele schöne Nachsorgen die nun 8 Wochen später endeten.

Warum dieser ellenlange Bericht? Ich hab schwanger viel gelesen und möchte hier nochmal zeigen das Claudia das beste ist was einer Schwangeren passieren kann. Ihr Einsatz ist mehr Berufung als Beruf dank ihr habe ich nach zwei traumatischen Geburten (Saugglocke und bei Nummer zwei KS) selbstbestimmt entbinden können. Ohne Claudia hätte man sicher ein weiteres Kind entbunden aber nicht geboren.

Mein Dank geht an Claudia Kummert  Hebammenladen Belladonna und dem St. Anna in Herne (NRW)





LillyandIce

Seit langem ein Geburtsbericht, der mich anders berührt als die vielen die schon geschrieben worden sind.

Ich bin beeindruckt, ich bin völlig emotionsgeladen und hab mit den Tränen gekämpft.
Weil du deine Geburt zu etwas besonderem gemacht hast, weil du dir eingestehen konntest das manches nicht nach Plan läuft aber das alles noch lange kein Grund zur Aufgabe ist, weil aus gewünschten Hausgeburten nichts zwangsläufig schlechte Klinikgeburten werden müssen und weil auch eine BEL nicht eine spontane Entbindung ausschließt.

Ich würde mir wünschen, dass es mir mit Kind Nr.3 jetzt auch so geht und ich das erleben darf, was du geschafft hast.

Vielen Dank und meinen herzlichsten Glückwunsch!

caar

jetzt kommen mir fast die tränen, schön das ich das erreicht habe was mir wichtig war. anderen schwangeren mut machen auch wenn es mal nicht rund läuft.





Sonnenschein79

Was für ein wunderbarer Geburtsbericht..ich war soooo gefesselt beim Lesen! Und wie toll, dass du beim Dritten Kind die Freude der selbstbestimmten Geburt erleben durftest! Ein Hoch auf Claudia  s-so


Chula

toll geschrieben Caar! Und wirklich interessant, bin äußerst beeindruckt, das jetzt nochmal so im Nachhinein am Stück zu lesen ;-)
Klasse gemacht, hab keine Worte dafür
Glückliche Mami eines großartigen Sohnes seit 06.02.2014

kleine_Heldin

Ein berührender Bericht über ein eindrucksvolles Geburtserlebnis! Ich habe ja die einzelnen Phasen hier schon virtuell begleitet, aber jetzt die Zusammenfassung nochmal zu lesen, bewegt mich sehr. Wirklich meinen absoluten Respekt für deinen Mut, deiner Entschlossenheit, auch die Tatsache, wie du mit "Rückschlägen" umgegangen bist - danke, dass du uns teilhaben lässt!


caar






findyoursoul

Ein wirklich schöner Geburtsbericht.
Ich ziehe echt den Hut vor dir.