"Ich möchte nicht noch einen Fehlalarm…“ 2. Geburt einer LZ-Übi: Johanna ist da!

Begonnen von ☼Anja☼, 22. Februar 2013, 22:03:18

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☼Anja☼

Vorgeschichte / Schwangerschaft

Die Entscheidung für eine weitere Schwangerschaft ist mir nicht ganz leicht gefallen. Bei Hannes musste ich ab der 20. SSW für 14 Wochen ins Krankenhaus, da ich einen FB-Anriss hatte und sich die FB bereits durch den geöffneten MuMu schob (sog. FB-Prolaps). Gegen aller Prognosen kam Hannes dank zehnwöchiger Rückenlage ,,nur" fünf Wochen und insbesondere kerngesund zur Welt. Nach einem Blasensprung bei 34+5 wurde ich eingeleitet, da sich keine Wehen einstellten. Und auch mit der Einleitung kamen die Wehen erst drei Tage nach dem Blasensprung, dann war Hannes aber neun Stunden später nach einer für uns wunderschönen Geburt ohne Komplikationen zur Welt. Das einzige, was ich bis heute vermisse sind die ersten Kuschelstunden im Kreißsaal, da Hannes als Frühchen direkt auf die Kinderintensiv kam. Die konnte er aber bereits nach zwei Nächsten wieder verlassen.

Für meinen Mann war klar, dass Hannes kein Einzelkind werden würde, ich machte mir da schon mehr Gedanken. Meine Gedanken beschäftigten sich auch mit dem schwanger werden. Nach über fünf Jahren Kinderwunsch, zwei Fehlgeburten ,,entstand" Hannes durch eine Insemination. Dabei hatten wir unheimlich viel Glück, weil es sogar direkt im ersten Versuch klappte. Es war klar, dass wir wieder in die KiWu-Praxis gehen müssten. Wie lange würde es dauern? Und wenn es dann klappt, würde ich vielleicht wieder eine FG erleiden? Schließlich bin ich durch den langen unerfüllten Kinderwunsch bereits relativ alt. Würde das Kind gesund sein? Was ist, wenn ich wieder ins KKH muss? Mit Hannes zu Hause, wäre es unsagbar schwerer so eine lange Zeit durchzustehen. Ich sprach mit dem Chefarzt des KKH, meinem FA (der auch Oberarzt in dem KKH ist), meiner (Beleg-) Hebamme. Alle waren sich sicher, dass die SS mit Hannes eine ,,Laune der Natur" war und die Wahrscheinlichkeit, dass es noch mal passiert, geringer wie ein Sechser im Lotto sei. Die Angst wurde geringer und der Wunsch nach einem Geschwisterkind für Hannes größer. Und aufgrund meines Alters machte ich bereits zehn Monate nach Hannes Geburt einen weiteren Termin in der KiWu-Praxis. Auch hier wurde mir noch mal gesagt, dass das Risiko für einen ähnlichen Schwangerschaftsverlauf gering sei. Gesagt, getan: am 16. März hatten wir die Insemination. Die FÄ machte mir aber keine Hoffnung, da die Werte meines Mannes nicht besonders gut waren (was sonst nicht das Problem war). Aber nun gut, ich hatte ja eh nicht damit gerechnet, dass wir wieder im ersten Versuch schwanger werden. Von soviel Glück auszugehen, wäre auch ziemlich anmaßend gewesen.  Am 28. März machte ich zu Hause einen SST: schwanger!  :o Wahnsinn! Und das wunderbarste Abenteuer, dass man erleben kann begann... :D

Bis zur 23. SSW verlief die Schwangerschaft neben den üblichen Wehwehchen auch völlig problemlos. Relativ früh wussten wir, dass Hannes eine Schwester bekommt. Ich wurde engmaschiger kontrolliert und war mindestens alle zwei Wochen beim FA. In der 23. SSW stellte mein FA leider einen verkürzten GMH fest, was der Beginn eines erneuten FB-Prolaps hätte sein können. Ich erhielt ein BV und sollte mich zu Hause schonen. Ich machte mir ziemliche Vorwürfe, das Glück doch zu sehr herausgefordert zu haben. Hatte Schuldgefühle, warum ich mit dem Wunder, dass wir bei Hannes erleben durften, nicht einfach zufrieden und glücklich hätte sein können. Die ersten zwei Tage habe ich nur geweint und hatte bei jeder Bewegung die Angst, dass mir Johanna quasi ,,herausfallen" könnte. Ich fuhr noch mal zu meinem FA, der mich sehr einfühlsam aber auch fachlich fundiert wieder ,,auf den Boden" holte. Dank Haushaltshilfe, lieber Unterstützung von Familie, Freunde und Nachbarn war das Schonen kein Problem. Nun musste ich jede Woche zum FA und GsD blieben die Werte weitestgehend konstant. Ich überlegte mit meinem FA, ob eine Cerclage gesetzt oder die Lungenreifespritze gegeben werden sollte. Da aber beides auch Wehen auslösen kann und meine Werte konstant blieben, entschieden wir uns dagegen.

Der weitere SS-Verlauf war auch recht problemlos. Trotzdem waren sich mein FA, meine Beleghebamme und das KKH (von dem ich während der Abwesenheit meines FA betreut wurde) sicher, dass sich Johanna früher auf den Weg machen würde.
Zunächst war das Ziel 30+0 SSW, dann 34+0. Nun war mein FA völlig entspannt und meinte Johanne müsse bzw. solle sie noch nicht kommen, aber sie dürfte. Sie war von Beginn der SS an immer von Größe und Gewicht an der oberen Grenze. Die zwei Zuckertests waren aber unauffällig.

Johanna wollte entgegen der Erwartungen nicht früher ausziehen – und je mehr sich die SS zum Ende neigte, desto mehr machte ich mir Gedanken bezüglich ihrer Maße. Vor den Geburtsschmerzen hatte ich keine Angst (wie naiv von mir  s-:)), sondern dass es auf einen KS hinauslaufen könnte. Wir hatten bei Hannes ein so schönes Geburtserlebnis und dies war definitiv die letzte SS – ich wollte unbedingt eine natürliche Geburt! Zudem wollte ich nicht wieder auf die Kuschelstunden nach der Geburt verzichten! Obwohl mein FA nicht begeistert war, vereinbarten wir eine Einleitung am 11.12.12. Er wollte Johanna aber noch mal etwas ermuntern (oder ,,eine freundliche Einladung aussprechen", wie meine Hebi meinte) und machte bei 39+3 und 40+0 jeweils eine Eipollösung, die aber leider nichts bewirkten. Ich war also von meiner Wehenschwäche überzeugt, schließlich dauerte es bei Hannes trotz der Einleitung ja auch ewig. Zudem war ich zwei Wochen vorher mit ,,Fehlalarm" im KKH: nach acht Stunden Wehen im Kreißsaal zeigte das CTG auf einmal gar keine Wehen mehr und ich durfte wieder nach Hause. Ich war also in meiner Einschätzung absolut gefestigt und fühlte mich mit der Entscheidung zur Einleitung ziemlich wohl und war relativ sicher, dass sich Johanna von alleine nicht auf den Weg machen würde.



☼Anja☼

Geburt

Am 10.12. (40+3) hatte ich morgens deutliche Kontraktionen, die aber weder regelmäßig waren noch stärker wurden. Nach dem Mittagsschlaf waren sie für längere Zeit vollständig weg, so dass ich mir sicher war, dass es keine richtigen Wehen waren – einen zweiten Fehlalarm wollte ich auf keinen Fall riskieren.  s-pfeifen
Ich schickte also meinen Mann mit Hannes zum Sport ,,Sie wird vor der Einleitung jetzt eh nicht mehr kommen. Mach Dir keine Gedanken und fahr!". Nachdem ich die KKH-Tasche kontrolliert und unten in den Flur gestellt hatte, wollte ich mir gegen 17:30 Uhr noch mal eine ruhige Dusche gönnen. Dort stand ich nur wenige Augenblicke unter dem schönen warmen Wasserstrahl, als ich plötzlich extrem starke Wehen bekam. ,,Oh Scheiße, das sind keine Senkwehen mehr. Aua, aua, aua." Sie waren so heftig, dass ich auf allen vieren aus der Dusche gekrochen bin. Nass triefend versuchte ich im Vierfüßler-Stand Ruhe zu bewahren. Meinen Mann anzurufen machte keinen Sinn, der würde vermutlich in der Sporthalle das Handy eh nicht hören und würde auch zu spät da sein. In mir stieg Panik auf und ich sah mich schon alleine im Badezimmer Johanna zur Welt bringen. ,,Du musst es wenigstens in die Badewanne schaffen, sonst verursachst Du hier eine absolute Sauerei!" Mir schossen die Tränen in die Augen. Dann zwang ich mich zur Ruhe und kroch immer noch auf allen vieren zum Telefon – die Wehen kamen alle drei Minuten. Ich rief eine Nachbarin an ,,Du musst mich sofort ins Krankenhaus fahren!". ,,Ich komm!" Später sagte sie mir, dass ich so eine merkwürdige Stimme hatte, dass sie gar nicht nachgedacht hat, sondern direkt unseren Schlüssel geschnappt hat und losgerannt ist. In der Zeit habe ich mir eine Hose und ein Oberteil angezogen – für Socken oder ähnliches hat es nicht mehr gereicht. Ich war so froh, als ich ihre Stimme hörte und musste direkt heulen. Wir sind dann ganz langsam die Treppe runter, ich schlüpfte noch in meine Hausschuhe, Moni schnappte sich die Tasche und es ging ab ins Auto. Dann rief ich Georg an und sagte ihm, er müsse Hannes zu meiner Schwester bringen und dann direkt ins KKH kommen. Auch er fragte nicht weiter nach...
Heute noch bin ich beeindruckt wie ruhig Moni geblieben ist. Sie sprach ganz ruhig auf mich ein ,,Schrei den Schmerz weg, atme ganz tief ein, wir schaffen das schon..." Ich schaute immer auf die Digitaluhr – die Wehen kamen teilweise alle zwei Minuten und ich sah mich schon am Straßenrand in ihrem Auto entbinden. Aber wir schafften es bis ins KKH. Moni parkte direkt vor dem Eingang, rannte zum Pförtner und kam mit ihm und einem Rollstuhl wieder. Der Pförtner rannte uns voraus, um Moni den Weg zu zeigen und sie eilte mit mir im Rollstuhl hinterher. Als wir gegen 18:15 Uhr im KS ankamen war ich total erleichtert ,,Haben Sie Ihre Hebamme schon angerufen?" ,,Ne, ich wollte nicht noch mal einen Fehlalarm." :-\  Die Ärztin lachte leicht auf ,,Auch ohne Untersuchung bin ich mir sicher, dass das kein Fehlalarm sein wird!" Wenn man überlegt, wie ich zu dem Zeitpunkt ausgesehen haben muss – ich hatte schließlich nicht mal meine Haare gebürstet und ich möchte nicht wissen, wie die noch immer klatschnassen Haaren an mir herunterhingen.  s-:) ,,Ich komme aus der Dusche!" sagte ich noch erklärend zu der Ärztin und der KKH-Hebamme, was aber nur ein erneutes (freundliches) Lächeln hervorrief. Moni rief mit meinem Handy meine Hebamme an, die innerhalb von nur wenigen Minuten da war. ,,Deine Nachbarin hatte so eine gewisse Panik in der Stimme, dass ich direkt alles stehen und liegen gelassen habe." Sie untersuchte mich und meinte, wenn ich noch eine PDA haben wollte, wäre das jetzt der allerletzte Zeitpunkt und ich hätte Glück weil der Anästhesist eh gerade im KS wäre. Ich glaube der MuMu war da bereits auf 7 cm geöffnet. Ohne PDA wäre Johanna vermutlich innerhalb der nächsten 30 Minuten bis max. Stunde da. ,,Jetzt schon? Ich kann noch nicht! Gedanklich bin ich noch bei der Panik, dass ich alleine entbinden muss. Ich bin noch nicht so weit! Georg ist noch nicht da!" Also bekam ich gegen 19:00 Uhr eine PDA, unter der die Wehen wie bei Hannes erst mal schwächer wurden (also nicht nur gefühlt, sondern auch auf dem CTG). Der Anästhesist meinte, es wäre ein guter Zeitpunkt sollte es denn eventuell doch zu einem KS kommen. ,,Wenn Blicke töten könnten."  S:D Kurz danach kam Georg, was mich unheimlich entlastet hat. Moni fuhr nach Hause. Gegen 20:30 Uhr spürte ich die Wehen wieder deutlicher und mir viel ein, dass ich noch gar kein FW verloren hatte ,,Wann platzt die FB eigentlich normalerweise?" ,,Frühestens ab 7 cm, aber oft auch erst viel später." meinte meine Hebi und ging, um mein Zimmer auf der Station zu klären. Kaum war Sie aus dem Zimmer, merkte ich ein komisches ,,Päng" und kurz darauf das auslaufende FW. Georg rief die Hebi, sie untersuchte und meinte ,,MuMu ist vollständig auf, wenn Du magst kannst Du bei der nächsten Wehe mitpressen!" Ich freute mich, dass es nun dem Ende zuging - Hannes war schließlich nach zwei Presswehen da. Bei Johanna dauerte es allerdings (leider) deutlich länger. Ich spürte jeden Millimeter, den sie sich durch das Becken kämpfte. Ich glaube behaupten zu können, dass ich nicht besonders schmerzempfindlich bin, aber die Wehen waren für mich kaum noch auszuhalten. Ich kann mich erinnern, dass ich sehr stark geschrieen habe, dass ich irgendwann ,,Holt sie mir raus!" gerufen und zwischen den Wehen auch gewimmert habe, dass ich es nicht mehr schaffe. Dann sagte die Hebamme ,,Sie winkt bereits - ich sehe bereits ihre Hand." Johanna hatte einen Arm neben dem Kopf – der Kopfumfang reichte wohl nicht aus... Als nächstes hörte ich ,,Sie hat ganz viele dunkle Haare!" Der Kopf war also draußen! Jetzt dachte ich nur noch daran, dass ich die Schmerzen vergessen habe werde, wenn sie bei mir auf dem Bauch liegt und das half die nächsten Presswehen durchzustehen. Ich weiß nicht mehr, wie viele es noch brauchte, aber es waren noch einige. Und als ich dachte, ich schaffe es nicht mehr war sie auf einmal da und ich hatte sie endlich auf dem Bauch! Erst machte ich mir Sorgen, weil sie gar nicht anfing zu schreien - aber in dem Moment, in dem ich das aussprach kam ein lauter Schrei und ich war einfach nur glücklich. Georg schnitt die Nabelschnur durch. Und wenige Augenblicke später kam auch bereits die Nachgeburt. Die Ärztin kam und ich fragte besorgt, ob sie viel nähen müsse. ,,Nein, da ist nur eine kleine Schürfwunde, die sie wohl der Hand zu verdanken haben." Entsprechend kurz war die Behandlung, während derer Johanna gewogen und vermessen wurde. Dann konnte ich mich voll und ganz dem Kuscheln widmen. Und tatsächlich waren auch die Schmerzen (fast) vergessen.  ;)




☼Anja☼

Johanna war 4.470 gr schwer und 55 cm groß, der KU 37 cm. Dass Johanna sich innerhalb der nicht ganz vier Stunden ziemlich durch den Geburtskanal kämpfen musste, sah man ihr nach der Geburt an. Es ist vielleicht gemein das zu sagen, aber sie war wirklich kein süßes kleines Baby – aber für mich bzw. für uns war sie von Anfang an die tollste, bezaubernste, liebenswerteste Tochter – und inzwischen hat sie sich ,,entknautscht" und ist einfach eine total süße Maus, deren Lachen und große dunklen Augen mich einfach nur faszinieren!

Heute kann ich trotz der langen Austreibungsphase sagen, dass es ein wunderbares Geburtserlebnis war. Im nachhinein ist es ziemlich beeindruckend gespürt zu haben, wie sich Johanna Millimeter für Millimeter durchgekämpft hat. Von unserer Hebamme haben wir ein sehr schönes Kompliment bekommen: ,,Vielen Dank für das schöne Geburtserlebnis! Ich musste quasi nur daneben stehen, ihr hättet das auch alleine hinbekommen. Toll, wie gut ihr drei zusammengearbeitet habt!"

Und hier noch ein Foto der "entknautschten" Johanna (ca. 6 Wochen alt)




Nixe

Man kann gegen Wellen ankämpfen oder sich von ihnen in die Zukunft tragen lassen

Miakoda7

Total schöööööön! Ich freu mich immer noch über eure zwei Wunder!!!

Greta

Liebe Anja!

Jetzt habe ich ganz fasziniert mitgelesen und dabei viel zu viele gebrannte Erdnüsse verdrückt. Herzlichen Glückwunsch zu Eurer bezaubernden Johanna. Beim Lesen habe ich ganz viele Parallelen zur Geburt unserer Anna nur wenige Wochen vor Johannas Geburt entdeckt. Das rührt mich gerade sehr.

LG,

Greta




Granadina

Hallo liebe Anja,

du hast das unheimlich toll beschrieben, vielen Dank für diesen tollen Bericht! Er hat mich (hormongeladen wie ich bin) zu Tränen gerührt. Ich freue mich riesig, dass du diesmal eine schöne natürliche Geburt erleben konntest. Und jetzt ist deine kleine Maus schon fast 10 Monate alt, Wahnsinn! Ich hoffe, euch vieren geht es weiterhin gut.


Ganz liebe Grüße
Granadina