Helene Louise - Kleiner Dickschädel, großer Durst

Begonnen von leocat, 15. August 2010, 11:54:14

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leocat

Mein Geburtsbericht ist fertig! Bitteschöööön - viel Spaß beim Lesen!

Am ET (Dienstag, 3.8.) soll ja eingeleitet werden: Also stehen wir pünktlich wie die Maurer um 8 vorm Kreißsaal. Es folgt erstmal eine Stunde CTG. Dann wird nochmal nach Muttermund (3-4cm und butterweich) und GMH (höchstens 5mm) geschaut und ich kriege den Zugang gelegt.
Um 10:00 gibt's die erste Tablette, zur Probe. Nach 1 1/2 h wieder CTG: nichts tut sich. Um 12 dann die erste "richtige" Dosis - 2 Tabletten: Wieder nichts. Zumindest nichts Spürbares, ein paar Mini-Wellen auf dem CTG...
Also um 14:00 die 2. Dosis. Ergebnis gleich Null. Ab da alle 2 h zum CTG, das keine Veränderung zeigt. Dazwischen: Spazierengehen, langweilen... Mein Mann ist die ganze Zeit bei mir und ist nur ab und zu mal verschwunden um was zu essen.
Es heißt, wenn nach 6 h nichts passiert, werde ich aufgenommen und am nächsten Tag würde es weiter versucht. Mehr dürfe man an einem Tag nicht geben. Genau so kommt's. Ingo geht nach Hause und ich ziehe um 21 Uhr endgültig auf der Station ein (Mittags habe ich da meine Sachen schon abstellen dürfen und auch endlich etwas gegessen). Gegen 22 Uhr schlafe ich ein.

Um 23:30 wache ich auf - ab auf's Klo. Habe dort eine leichte Wehe und es kam doch etwas mehr "Geplätscher" als ich erwartet habe. Na gut. Nicht soviel, dass ich gleich auf Fruchtwasser getippt hätte. Also wieder ins Bett - es tröpfelt etwas nach. Das war ich schon gewohnt, das Kind lag so tief, dass immer noch etwas "nachlief". Nur ist es jetzt mehr als ein paar Tropfen. Da werde ich schon misstrauisch, lege mich trotzdem wieder hin. Das klappte genau für 5 Minuten , da kommt die erste richtige Wehe angerollt. Aua! Hatte ich ja vorher gar nicht und muss gleich veratmen. Meine Bettnachbarin meint: "Ich glaube, du machst dich besser auf den Weg...". Das tat ich dann auch. Beim Aufstehen ist dann meine Einlage schon "durch" und ich saue das Laken mit Fruchtwasser ein. Also zur Stationsschwester und mich in Richtung Kreißsaal abgemeldet.

Dabei wollte ich doch bis zum morgen warten, dann hätte meine Lieblings-Hebi vom GVK Dienst gehabt. So kommt mir leider genau die eine entgegen, die ich schon bei einem Besuch 2 Tage zuvor nicht soooo sympathisch fand. Na gut, egal.
Ich: "Ich glaub ich hab einen Blasensprung."
Hebi: "Da schauen wir doch mal..."
PH-Wert gemessen: Ja, Fruchtwasser - ab ans CTG. GBH noch immer 5mm, Muttermund knapp 5cm. 
Da kommen die Wehen dann schon alle 4 Minuten (es war kurz vor Mitternacht). Werde noch gefragt, ob ich vielleicht ein Entspannungsbad will. Danach ist mir nicht - glücklicherweise. Im Nachhinein wäre dafür gar keine Zeit gewesen...

Mitternacht: Ich zitiere erstmal per Handy meinen Mann wieder herbei, der auch in blitzartigen 15 min (inkl. Duschen, Anziehen und Fahrtzeit) da ist.
Wehen alle 3,5 min., muss schon stark veratmen, Zeit für Einlauf ist aber noch, den habe ich eingefordert. Dauerte 10 min, da sind die Wehen dann schon bei 3 min. Mein Mann stützt mich die ganze Zeit schon.
Werde gefragt ob ich eine PDA will. Sage dummerweise: Noch nicht. Hebi meint, es hätte auch noch Zeit.

4.8.2010 - 00:10: Ab in den Kreißsaal - allein auf den 20 m Flur 2 Wehen veratmet, will am liebsten auf der Fensterbank aufgestützt stehen bleiben, darf aber nicht, weil so kein CTG möglich wäre. Suuuuper! Was erzählen die einem was von tollen Gebärhaltungen, wenn man dann doch nicht so stehen kann, wie man mag?
Also aufs Bett. Hingelegt - kein CTG machbar, Kind liegt zu tief. Also CTG per eingelegtem Draht (Nach Auskunft meiner Hebi heute heißt das Ding unschön "Kopfschwarten-Elektrode" und wird sogar in das Köpfchen gepiekt...). Das heißt: Liegen bleiben.
Bekomme einen Schmerztropf (für PDA ist es - jetzt schon! - lt. Hebi zu spät). Es wird nur wenig besser (lt. meinem Mann war da vor allem Glukose drin - okay, das putscht auf, aber nimmt das Schmerzen?).

1:00 Uhr: Hebi will mich gern auf der Seite liegen haben - das geht fast gar nicht, der Druck wird kaum aushaltbar - muss aber doch hin und wieder sein. Mantra: "Laaaangsam atmen". Mein Mann macht gut mit, obwohl ich inzwischen wirklich ziemlich K.O. bin, hält meine Hand und hilft mir, so gut es eben geht. Ich brauche ständig Wasser, der Mund ist so trocken.
Hebi: Immer wieder Muttermund-Kontrolle: "Das geht ja rasend voran".

Kurz nach 2 Uhr: Muttermund komplett offen! Wehen gefühlt fast minütlich, ich habe jedenfalls keine wirkliche Pause mehr und jammere was das Zeug hält.
Hebi beobachtet inzwischen schon seit 45 min das CTG mit wachsender Besorgnis. Kind reagiert bei jeder Wehe mit Herztonabfall. Hebi kann nicht genau tasten, wie das Baby liegt, aber jedenfalls nicht richtig. "Sie dotzt immer mit dem Köpfchen gegen die Symphyse." Aha, das tut also so weh! Was muss erst die Kleine fühlen?

Die Ärztin kommt dazu und nimmt - Mega-Aua! - Blut vom Köpfchen ab. Die O2-Sättigung ist aber sehr gut. "Wir haben noch Zeit". - Ja, DIE schon. Was ist mit mir? HILFE, ich kann nicht mehr! Ich kriege kaum drei Worte raus, bevor eine Wehe die nächste ablöst.

Baby muss sich drehen - also doch auf die Seite, dann wieder auf die andere, immerzu drehen, unter  Wehen alles andere als angenehm. Dazwischen immer wieder nach der Lage tasten, was schlimmer ist, als jede Wehe. Wenn zwei Finger schon so weh tun, wie soll da erst das Köpfchen durch?
Ich (langsam lauter werdend): "Wie laaaange noch?"
Ich werfe mich weiter von Rechts nach Links um das Kind zum Drehen zu bewegen. Immer wieder: "Wo drückt's?" "Üüüüberall!"

ca. 3 Uhr: Ärztin und Hebi können die Lage immer noch nicht tasten. Eine zweite Ärztin kommt, tastet auch und meint: "Die liegt gerade, das wird so nichts."
Ich habe Angst!
Hebi: "Wir müssen doch den Kaiserschnitt machen."
Ich (irrsinnig erleichtert): "Gern!"

leocat

#1
Kurz nach 3 Uhr: Das Folgende  passiert wohl innerhalb von 15 min:

  • Bett besorgen, Ärzte entschwinden Richtung OP und bereiten vor.
  • Ich kriege einen Wehenhemmer gespritzt und fange unkontrolliert an zu zittern. Das ist normal, meint die Hebi. Okay, alles ist besser als Wehen. Vielleicht zwei oder drei bleiben aus, doch dann geht's weiter. Mist!
  • Muss meine restliche Kleidung vom Leib reißen (war ja nicht viel) und kriege ein OP-Hemdchen übergeworfen.
  • Ich werde rasiert und der Blasenkatheter wird gelegt. Das tut gar nicht weh. Überraschung!
  • Umlagern vom Kreißbett aufs Bett (sehr schmerzhaft - es dauert 3 Wehen, bis ich drüben bin). Zittere weiter, aber weniger.
  • Auf den Anästhesisten warten, der auch sofort kommt und mich belehrt und ausfragt.
    "Wo muss ich unterschreiben?"
  • Mein Mann wird gefragt: Wollen Sie mit? Er guckt etwas "sparsam" und sieht mich an. Ich setze einen Bettelblick auf und  schaue ihn mit großen Augen an: "Biiitte!".
    Ja, er will. Im OP wird gefragt, ob alle damit einverstanden sind - sie sind, er darf mit.
  • Ich werde in Richtung OP gefahren. Sehr surreales Erlebnis, wie in Filmen, wenn über einem die Lampen im Krankenhausflur hinweg ziehen. Mein Mann wird auch eingeschleust und muss sich umziehen, während ich auf den OP-Tisch umgelagert werde. Das tut sooo weh (was tut eigentlich gerade nicht weh?). Das Ding ist hart (na klar, nur Edelstahl mit einem Laken drüber) und nur schulterbreit. Ich habe Angst, herunter zu fallen. Das OP-Hemdchen wird mir - weil nur im Weg - wieder abgenommen (ich bin also nackt, aber keine Zeit für Schamgefühle *g* )
  • Soll mich für die Spinalanästhesie aufrichten, komme aber irgendwie nicht hoch, muss mich hochziehen lassen. Sitze dann vornüber gebeugt, werde festgehalten (zitter noch etwas) und warte auf den Pieks, den ich kaum spüre. Mir geht's irgendwie richtig gut. Die Narkose sitzt schnell - erst ist der linke Fuß taub, 30 Sekunden später auch der rechte.
  • Ich darf mich hinlegen, rechts und links werden Halterungen für die Arme montiert, Ich bekomme  die nächste Infusion und noch ein bisschen anderes Zeug gespritzt. Habe ich noch Blut in den Adern, oder nur noch Medikamente? Vor mir wird ein schickes hellblaues OP-Tuch aufgehängt. Muss das eigentlich sein? Ich hätte doch zu gern gesehen, was die mit mir machen...

Es geht los!

Mein Mann darf endlich zu mir, streichelt meinen Kopf und harrt der Dinge, genau wie ich. Ich merke zwar, dass da an mir rumgschnippelt wird, aber das stört nicht weiter. Nur das unangenehme Geräusch des Absaugens irritiert mich etwas – und das Zittern, das weiter anhält, jetzt wieder stärker und über das ich keine Kontrolle habe. Arme und Unterkiefer verkrampfen sich permanent. Ich finde das eher faszinierend und frage den Anästhesisten, wie lange das anhält. Er meint, er gibt mir dann was dagegen, wenn's soweit ist. Ist okay.

Ein paar Leute werfen sich auf meinen Bauch – komisches Gefühl.

3:29 Uhr: Ein Schrei! Sie ist da! Und macht einen Radau! Die Kinderärztin hält sie mir kurz eingewickelt für einen ersten Blick hin und geht mit dem kleinen Bündel Mensch nach nebenan. Die Hebamme hinterher: ,,Den Papa hole ich mir gleich dazu." Draußen brüllt mein kleines Mädchen – ihr passt es offensichtlich gar nicht, dass das Fruchtwasser abgesaugt wird. Aber was sein muss, muss sein. Ich heule ein bisschen. Vor Glück selbstverständlich...

Papa kann kommen. Er gibt mir einen Kuss und geht zu seiner Tochter. Ich liege da und werde genäht. Ich bin hellwach und zittere noch immer. Endlich kriege ich das Medikament und es wird besser.  Als sie fertig sind, wird endlich das Tuch entfernt. Erst jetzt sehe ich, dass meine Beine irgendwo rechts und links von mir auf Stützen liegen. Ich hab die ganze Zeit gedacht, die liegen immer noch so, wie ich sie da hin gepackt hatte.  Ich bin bis zur Brust taub. Mal sehen, wie lange das anhält.

Ich werde aus dem OP gefahren und über eine spannende technische Anlage vom OP-Tisch auf mein Bett geschoben. Warum haben die das vorhin nicht so gemacht? Das hätte nicht so weh getan! Grrrrrr...

Im Aufwachraum liege ich ganz allein, es ist ja mitten in der Nacht. Nur der zuständige Arzt guckt nach mir. Das ist ganz angenehm.
Es ist kurz nach 4 und ich warte, dass meine Familie zu mir kommt. Und warte, und warte... Irgendwann gegen halb 5 sind sie da. ,,Die Maus ist auf meinem Arm erstmal eingeschlafen." meint mein Mann.  Die Hebamme legt sie auf meine Brust - bin ja noch immer nackt (oder habe ich was an untenrum, ich merke nichts)? ,,Wollen wir mal sehen, ob sie trinkt". Und wie! Helene lässt gar nicht mehr los und hängt mehr als 30 min an meiner Brust und trinkt kräftig. Die Hebamme ist ganz begeistert.

Leider muss sie mir die Kleine dann wieder abnehmen und auf Station bringen, da der Arzt im Aufwachraum nicht die Verantwortung für die Kleine UND mich übernehmen kann.
Sie kann leider nicht bleiben, nebenan wird schon wieder dringenst nach der Hebi gerufen. Da ist noch eine Frau, der's genau wie mir geht und in den OP muss und die junge Zweithebamme ist auch noch beschäftigt. Viel los in dieser Nacht...

Ich darf erst weg, wenn ich meine Zehen wieder bewegen kann. Also sitzen mein Mann und  ich noch 1,5h ohne Kind dort rum und warten, dass ich etwas spüre. Erst merke ich die Hüften wieder, dann kann ich die Knien anziehen. Es wird... Ich bin hundemüde – aber jedes Mal, wenn ich einnicke, geht mein Puls unter 50 (was ein Wunder) und das Warngerät piepst. Auf meine Bitte hin stellt der Arzt es aus und ich kann kurz schlafen. Um 6:30 Uhr ist Schichtwechsel und als letzte Amtshandlung lässt mich mein Arzt auf die Station bringen, auch wenn ich meine Zehen zwar bewegen, aber noch nicht spüren kann. ,,Ist egal, das geht schon." Es braucht dann übrigens noch bis Mittag, bis ich das Gefühl komplett wieder habe...

Ich werde auf mein Zimmer geschoben und mein Mädchen wird zu mir gebracht. Ich bin völlig aufgekratzt und kann mich nicht satt sehen. Nach einer halben Stunde schicke ich meinen Mann nach Hause, der soll alle anrufen und dann mal etwas schlafen. Nachmittags kommt er dann wieder und unser Familienleben beginnt.

Helene Louise
4.8.2010 (ET+1)
3:29 Uhr
3830g
51 cm
KU 36 cm (34 cm bei U2)
Apgar 10 – 10
Entlassungsgewicht 9.8.: 3490g Tendenz steigend

[Anhänge werden nach 90 Tagen gelöscht...]

Lerethia

So ein schöner Bericht :D
hab richtig mitgefiebert ;)


Nana, Luca+Joshua

Dein Bericht hätte von mir sein können, bis auf den punkt mit der Einleitung.
Richtig fesselnd, danke schön :)

und herzlichen Glückwunsch zur Zuckerschnute :-*

LG Nana
Spontan nach 2x Sectio Geburtsbericht - unser Wunder ist perfekt :-*


Bahia

Schöner Bericht *schnief* und so eine süße kleine Maus!

julchen32

Herzlichen Glückwunsch.

Das klinkt fast nach mir.

Haben es aber ohne KS geschafft.

Viel Spaß mit deiner kleinen Familie.



Fiemetta

Hi Kathrin,

toller Bericht! Ich denke immer mal an euch, wie es mit der Kleinen so klappt. Übrigens, ich finde, auf dem Foto kann sie den Vater nicht leugnen ...

LG, Karin

Meredith

Oh man hört sich fast so an wie meine Story. Habe aber zum Glück noch eine PDA bekommen  ;) Aber auch gezittert wie sonst was, das das von den Medis kommt hat mir keiner gesagt. Naja daher lief es dann auch auf eine Vollnarkose hinaus.

Aber schön wie du das sagst mit den Geburtsstellungen, genau das gleich habe ich auch gedacht. Und meine Hebi meinte nachher auch nur, ist ja klar das wenn man nur liegt die Herztöne irgendwann schlechter werden.