Warum wir immer später gebären

Die Entwicklung der letzten Jahre

Mütter werden immer älter

Was vor gut 20 Jahren noch als hoch riskant galt, lässt heute Ärzte in der Entbindungs-Station an Krankenhäusern kaum noch mit der Wimper zucken. Gebären mit über 35 ist heute vollkommen normal geworden. Ca. 20% der Geburten werden dieser Gruppe zugeordnet. Darunter fallen auch aus heutiger Sicht noch riskantere Schwangerschaften im Alter von 40+.

Gerade in der Gruppe ab 40 ist in den letzten Jahren ein überdurchschnittlicher Anstieg zu verzeichnen.

Von Seiten der Krankenkassen aus gilt nach wie vor die Ansicht, dass es sich bei Schwangerschaften von Erstgebärenden ab 35 Jahren um Risiko-Schwangerschaften handelt. Daher werden den etwas älteren werdenden Müttern auch mehr Untersuchungen beim Gynäkologen zugesprochen um das Risiko während der Schwangerschaft so weit wie möglich zu minimieren.

Von Hebammen und Ärzten dagegen hört man mittlerweile unterschiedliche Meinungen zu dieser Sachlage. Von diesen beiden Seiten wird vor allem auch die soziale Situation einer heute 35-Jährigen mit samt erfahrener Partnerschaft und sicherem beruflichen Umfeld als positiv für den Verlauf der Schwangerschaft bewertet. Ältere Schwangere bringen also die "nötige Ruhe" und Gelassenheit mit sich die es für eine Schwangerschaft oftmals bedarf.
Auch die finanzielle Absicherung durch ein längeres Berufsleben und das dadurch höher ausfallende Elterngeld werden als positiv eingestuft.

Bei Jüngeren Schwangeren spielen manches mal die unsichereren Zukunftsaussichten negativ in die Schwangerschaft mit hinein, was zu einer zusätzlichen Belastung in den neun Monaten führen kann.

Letztlich kommt es also nicht nur auf das reine Alter an, sondern vor allem um die körperliche Konstitution und das soziale Umfeld. Körperlich durchtrainierte 40-Jährige kommen demnach leichter durch die Problem-Phasen einer Schwangerschaft als 24-Jährige mit Übergewicht und Hang zum Rauchen.
Nicht anders ist es zu erklären das auch die Gruppe der Erstgebärenden ab 50 weiter steigt. Prominentes Beispiel ist Gianna Nannini, die mit stolzen 54 Jahren das erste mal Mutter wurde.

Natürlich gibt es auch kritische Töne zum späten Erstgebären:
Das Risiko für das Ungeborene am sog. Down-Syndrom (Trisomie 21) oder anderen Fehlbildungen zu erleiden steigt ab einem Alter der Mutter von 35 Jahren laut Meinung mancher Ärzte bis um das 10-fache.
Und natürlich müssen sich Eltern fragen lassen ob sich mit 50 Jahren genauso entspannt und verständnisvoll auf pubertierende Problemfälle reagieren wie 15 Jahre jüngere Elternteile die zeitlich einfach noch etwas näher an Ihren Kinder sind.





"Geld spielt eben doch für viele Familien eine Rolle"

Erstgebaerende über 35

Warum geht die Entwicklung immer mehr hin zu den späten Erstgebärenden? oder dreht sich diese Entwicklung eventuell sogar wieder zurück?

Fragt man "ältere" werdende Muttis nach den Gründen der späten Schwangerschaft, so wird meistens die Ausbildung, die Arbeit / Karriere genannt.

Erst einmal wollen Frauen heute auf eigenen Füßen stehen und die eigene Karriere vorantreiben um damit finanziell abgesichert eine Familie planen zu können.
Bei einer Scheidungsrate von 50% in Deutschland ist diese Einstellung sicherlich auch gut durchdacht!

Rechnet man mal ganz praktikabel einen akademischen Lebenslauf aus den 90-ern durch, so kommt man schnell auf die Altersgruppe von  40+ bei Erstgebärenden:

  • Die Schule wurde mit ca. 20 Jahren beendet.
  • (Evtl. folgte ein soziales Jahr oder ein Auslandsaufenthalt).
  • Ein klassisches Diplom hat man in den 90-ern kaum unter 5 Jahren erfolgreich beendet. Die durchschnittliche Studiendauer lag bei vielen Fächern sogar bei 6 Jahren.
  • Folgt darauf noch ein Orientierungs-Jahr mit Praktika oder anderen Schwerpunkten oder wurde das Studium nach einem Jahr gewechselt beginnt der Berufseinstieg nur knapp vor 30 Jahren.
Um die Karriere zu forcieren und sicher im Beruf zu stehen bleibt also nicht viel Zeit um nicht in die Gruppe der Spätgebärenden zu rutschen.

Zum Glück hat sich seitdem einiges geändert:

  • Für Männer ist die Wehrpflicht weggefallen (- 1 Jahr)
  • In vielen Bundesländern wurde das sog. G8 eingeführt (-1 Jahr, da Abitur nach der 12 Klasse)
  • Bachelor-Studiengänge mit 6 oder 7 Semestern wurden flächendeckend eingeführt (-3 Jahre, da Studien-Abschluss nach 3 Jahren möglich)

Dank dieser vielfach kontrovers diskutierten Veränderungen unserer Gesellschaft in den letzten Jahren ist es Frauen heute theoretisch möglich einen akademischen Studien-Verlauf mit 21 Jahren erfolgreich zu beenden und im Berufsleben durchzustarten.

Damit hat die Politik also tatsächlich ein familienfreundliches Umfeld geschaffen, das die Entwicklung weg vom späten Kinderkriegen positiv beeinflusst.

Warten wir es also ab, ob sich diese Entwicklung in den nächsten 10 Jahren messbar in den Statistiken auswerten lässt.