Medizinischer-Ratgeber > Frühförderung
Die Entwicklung des Gehirns:
Ein kleiner Ausblick auf den aktuellen Stand der Hirn-Forschung in Bezug auf die Entwicklung bei Ungeborenen und Babys:
Die aktuelle Gehirn-Forschung geht davon aus, dass sich das Gehirn schon nach dem ersten pränatalen Monat im Bauch der Mutter in seine 5 Hauptbereiche geteilt und gebildet hat. Das Großhirn ist dabei jedoch prozentual noch ganz deutlich kleiner als beim ausgewachsenen Menschen.
Bis zum 6 Monat hin ist die Gehirnoberfläche noch glatt und erinnert nur wenig an das Bild einer Gehirnes so wie wir es aus er Biologie her kennen. Erst ab dem 7. Monat bilden sich die uns bekannten Faltungen der Hirnoberfläche.
Zur Zeit der Geburt bestehen schon alle Nervenzellen im Hirn - jedoch sind sie noch nicht miteinander verbunden. Die Verbindungen dieser Nervenzellen ist NICHT (so wie früher aus manchen Richtungen behauptet wurde) genetisch bedingt sondern die Entstehung dieser Verbindungen basiert hauptsächlich auf Umgang und der Förderung des Kleinkindes. Die Struktur des Gehirnes jedoch ist in ihren minimalen Abweichungen genetisch bedingt und bietet nach wie vor Spekulationsräume.
Im Alter von 2 Jahren sind die Zellverbindungen soweit ausgeprägt dass sie dem eines Erwachsenen ähneln.
Sprich - in dieser Zeit sollten explizite Fördermaßnahmen greifen und Fähigkeiten erlernt werden.
Geschichtlich belegte Fälle bei denen Fördermaßnahmen komplett untersagt wurden (Kaspar Hauser) belegen das auf fatale Weise die Richtigkeit dieser These.
Wird z.B. der Sehsinn bis zum 4 Monat nicht trainiert (z.B. durch Krankheit o.ä.) so kann das Kind auch im späteren Leben nicht mehr richtig sehen lernen, auch wenn die eigentliche Ursache beseitigt wurde.
Bei der Geburt können Kinder erst einmal nur Linien und Kontraste wahrnehmen. Erst die Erfahrung und die damit entstehenden Zellverbindungen im Hirn ermöglicht die Wahrnehmung von komplexeren Formen und Figuren.
Die Optimierung der Signalleitung im Gehirn ist Aktivitätsabhängig. Je mehr Erfahrungen das Kind sammelt umso besser bilden sich die Netzwerke aus. Es werden schnellere, direktere und qualitativ besser funktionierende Strecken in diesen Netzwerken ausgebildet je mehr das Kind wahrnimmt und verarbeitet. Eine Überfrachtung mit Input durch überehrgeizige Eltern führt allerdings sicher nicht zum Ziel sondern wirkt ab einem bestimmten Grad sogar kontraproduktiv.
Die Sehentwicklung hat im 3-4 Monat einen enormen Wachstumsschub. Mit 12 Monaten hat ein Kind 150% der Synapsen für den Sehbereich entwickelt im Vergleich zu einem Erwachsenen.
Der Hirnbereich für den Bewegungsapparat erreicht das Maximum nach über einem Jahr. Nach 9 Jahren ist er auf dem Erwachsenenlevel.
Sämtliche Synapsen die wir auch beim Erwachsenen erkennen sind bei Kindern mit 4 Jahren ausgebildet.
Die Geschwindigkeit, mit der die Gehirn-Signale weitergeleitet und verarbeitet werden, entwickelt sich ebenfalls im Laufe der Zeit und wird immer weiter optimiert. Bei kleinen Kindern ist daher die Reaktionszeit sicht- und spürbar deutlich langsamer als bei Erwachsenen. Jeder Erwachsene kann ein Lied davon singen wenn die ersten Reaktions-Spiele mit dem Nachwuchs anstehen und es einem vorkommt als müsse man im Schneckentempo spielen damit der Nachwuchs ein Erfolgserlebnis nach dem anderen hat…
Diese Optimierung schreitet langsam fort. So ist erst mit ca. 20 Jahren die komplette Optimierung der Signal-Leitungen erreicht.
Ab dem 4. Monat realisieren Kinder das eigene Aktionen Reaktionen hervorrufen. (Actio=Reactio)
Dieser Moment spiegelt einen enorm wichtigen Zeitpunkt für die Weiterentwicklung dar.
Faktoren welche die Entwicklung des Gehirns massiv beeinträchtigen sind bekanntermaßen Alkohol und Drogen. Sie reduzieren die Aktivierungen verschiedenster Nervenbahnen im Gehirn und schädigen daher die Entwicklung der Signalbahnen bei Kindern extrem.
Etwas weniger bekannt dürfte sein, dass sich ebenso hoher Stress negativ auf die kindliche Entwicklung des Hirns auswirkt. Schon in der Schwangerschaft haben Stressfaktoren der Mutter negative Auswirkungen auf die pränatale Hirnbildung. Und auch noch in den ersten 4 Lebensjahren sollte man Kinder möglichst wenig Stress aussetzen damit die Lernfähigkeit in einer angenehmen Umgebung nicht behindert wird.
Ob ein Kind Links oder Rechtshändig ist, ist übrigens rein genetisch festgelegt. Eine Umschulung in frühen Jahren ist theoretisch möglich, hier streiten sich aber die Forscher ob solch eine Umschulung negative Auswirkungen mit sich bringt.
Frühförderung vor der Geburt:
Auch wenn man in der vorgeburtlichen Zeit kaum von richtiger Frühförderung sprechen kann, so gibt es doch ein paar Dinge, die man beachten sollte, welche nachweisbar positive Auswirkungen auf die Entwicklung des Gehirns schon im Mutterleib haben:
Gefördert wird durch Vitamine und Mineralstoffe sowie ungesättigten Fettsäuren. (Generell die schon viel zu oft bemühte "Gesunde Ernährung" sollte zumindest in der Schwangerschaft also unerlässlich sein)
Wichtig ist auch die Vermeidung von Stress! Sportliche Aktivität fördert den Sauerstoffhaushalt und vermindert Stresshormone. Also gilt in der Schwangerschaft: Sport sooft und so viel es einem eben gut tut und zwischendrin immer wieder chillen…
Das Vorspielen von Musik und ähnliche interessante Ideen bringen nach neuesten Erkenntnissen übrigens Hirn-Entwicklungstechnisch gar nichts – höchstens indirekt wenn die Musik z.B. dabei hilft dass die Mutter entspannt. Wer aber schon immer Mozart und Beethoven gemieden hat, tut sich und seinem Kind auch keinen Gefallen wenn jetzt jeden Tag die 20 teilige Klassik-Sammlung im Hintergrund spielt.